Texte von Hugo Rupp

Ehrfurcht und Liebe

 

nicht schreiben, silvia, worte sind die versteinerten tränen jener, die in der wüste aufgewachsen. sie wissen nichts voneinander, jene in der wüste geborenen, weil die luftspiegelungen immer wieder nur ein einziges gesicht wiedergeben, das gesicht der gleichgültigkeit. sie wandern und hinterlassen nichts, nicht einmal fussabdrücke, so, als wären sie nie gewesen. so, als hätte nie einer geschrien in dieser gottverlassenen landschaft.

aus: mariella mehr, steinzeit

Zieh nicht so. Nun gib doch endlich Ruhe. Häng dich nicht so an mir ein. Lass mich doch wieder los. Krall dich doch nicht so fest. … Halt dich schön fest, wenn ich es sage. Halt dich nur gut fest, wenn ich dir sage, dass du dich festhalten sollst, dann hältst du dich gut fest. Und gib mir endlich deine Hand. Gib deine Hand jetzt endlich her. Nun halt dich doch nicht gar so fest! Nun lass doch endlich wieder los. Jetzt lass doch wieder los. Lass endlich meinen Kragen los. Jetzt hör nun wieder auf. Jetzt ist genug. Jetzt ist genug geschmust für heute. Ich muss doch in die Arbeit, sagt er.

Er trägt mich in das Bett, doch aus dem Bett hebt er mich nicht. Er trägt mich in die Einsamkeit, doch aus ihr holt er mich niemals. Er schickt mich weg, er ruft, zitiert mich zu sich, doch aus der Einsamkeit zu sich, um mich zu trösten, das tut er nicht.

Hast du mich vermisst, fragt er und lächelt dabei. Hast du mich nicht vermisst, fragt er. Ich schaue ihn nur an. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich schreie unaufhörlich. Er fragt mich, ob ich ihn vermissen würde. Ob ich ihn nicht vermissen würde. Was kann mein Vater nicht verstehen? Er weiß nicht, dass ein Kind vermissen muss, egal was auch passiert. Er merkt nicht, dass ich ihn auch immer suche.

Nicht liebesfähig

Donnerstag 17 Dezember 2009

Sehr geehrte Frau Miller,

ich wollte Ihnen nur sagen, dass ich froh bin, dass Sie mir geholfen haben die Lügen der Moral zu durschauen und mich davon nicht länger versklaven zu lassen.

Ich habe mich mein ganzes Leben lang belogen, um diesen perversen Moralvorstellungen gerecht zu werden, deswegen war ich auch schon so früh depressiv und wollte sterben, weil ich innerlich ja ohnehin schon tot war, ich war nur eine Maschine, innerlich abgetötet dazu, abzunehmen, zu lernen, brav zu sein, das war alles, was ich war und was ich auch immer für sie sein werde und, wenn ich das nicht tue, bin ich eine böse Maschine, die durch Drohungen „repariert“ gehört, damit sie ihren Benutzern, also den Lehrern, Eltern und Mitschülern weiterhin viel Freude bereitet. Sie haben mich zu einem Objekt gemacht, das man je nach Belieben ein- und ausschalten kann, wie man es gerade braucht. Die Mutter braucht gerade etwas Liebe: sie schaltet mich ein und droht mir, wenn ich sie nicht hundertprozentig glücklich mache. Sie braucht mich gerade nicht, ich bin ihr lästig, weil ihre Freundinnen da sind, sie sagt mir ich soll gefälligst in mein Zimmer gehen und mich nicht rühren, denn ich würde sie ohnehin nur stören. Aber das Problem ist, dass ich sie immer störe, ich habe mein ganzes Leben lang nur gestört, zumindest haben sie mich so behandelt, als ob es so wäre, es hat sich nicht geändert. Ich habe mich bis vor Kurzem gefragt, ob nicht alles noch schlimmer wird, wenn ich endlich mein eigenes Leben lebe, aber dann habe ich mich gefragt: „Wie soll es denn noch schlimmer werden? Ich bin depressiv seit ich 10 Jahre alt bin und will mich ernsthaft umbringen, seit ich 15 bin. WIE SOLL ES DENN NOCH SCHLIMMER WERDEN? Es kann doch nur besser werden.“ Und dann habe ich mich gefragt, ob ich denn meine Chance auf Liebe so endgültig verspielt habe, aber dann habe ich mir gesagt: „Deine Mutter hat dich schon angeschrieen, wenn du nur einmal etwas aus dem Kühlschrank gegessen hast, was für die Gäste war. Sie hat dir ständig genüsslich erzählt, wie unfähig du doch bist, aber gleichzeitig erwartet, dass du in der Schule Höchstleistungen vollbringst, sie hat ihr sadistisches Vergnügen dabei gehabt, dir jede noch so kleine Winzigkeit noch Jahre später unter die Nase zu reiben, dich so richtig fertig zu machen. Nur ja kein Selbstwertgefühl aufkommen lassen. Sie hat ja kürzlich erst zugegeben, dass es ihr Angst macht, dass du so weise bist, weil sie da die Kontrolle über dich verliert. UND VON SO EINER FRAU WILLST DU GELIEBT WERDEN, DIE DOCH GAR NICHT LIEBEN KANN?“ Es ist aussichtslos, sie kann nicht lieben, sie hat mich nie geliebt und je mehr ich mir das eingestehe, desto besser geht es mir. Ich habe das erste Mal in meinem Leben das Gefühl lebendig zu sein.

Ich bin jetzt 24 Jahre alt und empfinde das erste Mal in meinem Leben das Gefühle der Liebe und Geborgenheit, das habe ich bisher gar nicht gekannt.

Ich wollte nur sagen, dass ich froh bin, dass Sie geholfen haben mich selber zu retten.

Herzlichst L

AM: Ich gratuliere Ihnen, dass Sie in Ihrem Alter schon so viel verstanden haben! Und Ihr Körper dankt Ihnen dafür offensichtlich mit der großen Erleichterung. Auf die Liebe eines Menschen zu warten, der nicht liebesfähig ist, kann eine lebenslange Katastrophe sein. Viele nehmen dies in kauf, weil sie sich die Wahrheit nicht eingestehen wollen oder können. Sie fürchten sie einfach.

© 2012 Alice Miller – all rights reserved

Deshalb kontrollieren wir, um unsere Wahrheit nicht zu fühlen. Nichts anderes. Ich suchte Zärtlichkeit. Ich suchte auch bei Vater Halt. Ich wartete. Das ist das schlimmste, was ich sagen kann. Ich wartete auf Liebe. Er ging und sagte nicht, wann er wieder kommen würde. Ich wartete auf meinen Vater.

Nur nicht anhänglich sein. Nur nicht nachfragen. Nur nie nach jemand fragen. Nie mehr anhänglich sein, das wünschte ich mir später. Er fragte nicht nach mir. Mein Vater hat mich nie gefragt, wie es mir geht. Du hast mich nie gefragt. Du hast gesagt: Du siehst schlecht aus. Ganz grün. Du hast mich nicht gefragt: Wie geht es dir? Du hast mich nicht gefragt. Du hast gesagt: Dünn bist du! Hast abgenommen. Du solltest nicht so wenig essen. Du hast mich kontrolliert. Die Körperhaltung, meine Maße. Du bist jetzt ausgewachsen. Das hast du dann gesagt. Du hast mich angeschaut und hast mich nichts gefragt. Du hast mich angeschaut und hast mir dann gesagt, was dir nicht passt, was dir an mir nicht passt. Was ich verbessern sollte. Das hast du immer schon gemacht. Mein Körperbild verbessert. Halt dich gerade. Nimm dazu nicht die linke Hand! Steh nicht so krumm. Fall nicht nach vorn und nicht nach rückwärts. Du rauchst zuviel, hast du gesagt. Du lässt dich gehen. Was soll aus dir noch werden? Du hast mich nicht gefragt, wie es mir geht. Du hast mich nie begleitet, du hast mir niemals beigestanden.

Nur nicht an meinem Vater hängen bleiben. Nur nicht an meiner Mutter hängen. Nur nicht an einem Menschen hängen bleiben. Nur nicht an einem Menschen hängen. Das sprach in mir die Ichmaschine. Ich will nicht mehr anhänglich sein, ich will nicht mehr abhängig sein, ich will nicht mehr von jemandem abhängen, ich will nicht mehr abhängig sein, ich will nie wieder lieben. Ich will niemanden lieben. Ich will niemanden lieben, das sprach mein eignes Herz. Nie wieder jemand sein, nie wieder jemand werden. Nie wieder jemand werden müssen. Nie wieder jemand lieben. Ich hatte aufgehört mich selbst zu fragen. Ich kontrollierte mein Benehmen. Ich kontrollierte mein Gespür. Ich maß die Welt der Dinge. Dass es für ein Gefühl gar keine Messung gibt, gar keine Größenordnung, das sagte mir niemand. Niemand schien das zu wissen. Dass es kein Maß für Liebe gibt, kein Maß für eine Trauer. Kein Maß für Wut und Hass, nicht einmal für die Dauer eines Schmerzes. Es gibt kein Maß für Angst, wie groß, wie weit, wie endlich, oder auch unendlich. Das gibt es alles nicht. Nichts kann davon gemessen werden. Denn Fühlen ist unmöglich, wenn jemand dieses kontrolliert. Kein Protokoll. Gefühle kann man nicht protokollieren. Es gibt dafür kein Halten. Wie groß ist deine Liebe denn? Wie lange muss man trauern? Wie lange geht der Schmerz? Wie sehr hast du mich denn vermisst? Liebst du mich denn auch wirklich? Liebst du mich noch? Hast du mich nicht vermisst? Wen liebst du mehr? Den Vater oder deine Mutter?

Ich hoffte und ich wartete, dass er zurückkommt und mich mitnimmt, dann könnten wir gemeinsam wegfahren.

Du hast dir kein Spiel angeschaut, als ich dann später Basketball auch spielte. Kein Spiel, kein einziges. Und niemals hatte ich gedacht, du würdest mich nicht lieben. Ich dachte immer nur, du hättest keine Zeit. Ich wartete auf dich. Ich wartete auf deine Anteilnahme. Ich wartete auf deine Liebe. Du hast mich nie besucht.

Ich hasste es dann später, wenn jemand mich vermisste. Wenn sich jemand bei mir einhängte. Wenn jemand etwas von mir wollte. Wenn jemand sich anhänglich zeigte. Wenn jemand sich für mich zu interessieren schien. Das hasste ich wie nichts, Anhänglichkeit. Ich hasste es, wenn jemand mir nachging, wenn jemand mich auch suchte, wenn jemand nach mir fragte.

Ich konnte mich, mein Warten, dann irgendwann nicht mehr ertragen. Und musste dennoch auf die Liebe weiter warten.

Wie geht es dir?

Ich bin der unzufriedene Gott. Ich bin mein unzufriedener Vater. Der alles abschleift von mir, was ihm nicht passt. Was ihm nicht passt, wird von ihm abgeschliffen und weggeschlagen, abgehauen, als wäre ich aus Stein. Ich muss ihm jeden Tag Modell sitzen.

Er will doch nur mein Bestes. Er will doch nur, dass ich zufrieden bin.

Der unzufriedene Gott. Mein Vater steht am Morgen auf und flucht. Er geht ins Bad und wäscht sich. Er reibt sich seinen Rücken ein, wenn ich an ihm vorbei gehe, dann wirft er mir schon Blicke zu, als müsste ich den Schmerz verantworten, der ihn dort plagt. Er schleudert seine Schmerzen weg und schreit sie mir entgegen. Mein Vater ist mit seinem Schmerz sehr unzufrieden. Der einen schwarzen Mantel trägt, mit Sternen, dem Funkeln seines Hasses. Das Firmament ist er und seine Schöpfung ist perfekt. Er ist im Grunde alles, er ist vollkommen und vollendet. Die Schöpfung, alles was er tut und macht und sagt und ist, ist immer gleich vollständig. Die Kinder sind die Dummen, die ihn nicht richtig würdigen. Ich soll mich vor ihm ducken. Ich soll ihn fürchten und anbeten. Ich soll die Kraft bewahren. Beweihräuchern, das was er ist. Das was er tut und spricht, bewahren. Ich soll das tun, was er verspricht, was er verspricht soll eine Botschaft sein, für mich und jeden anderen.

Das eine, das verspreche ich dir, wenn du nicht gleich dein Maul jetzt hältst, dann wird gleich was passieren. Das eine schwöre ich dir hoch und heilig, wenn das nicht endlich anders wird, dann kannst du was erleben.

Mein Vater ist die Drohgebärde. Bedeckter Himmel. Naturgewalt für mich. Der unzufriedene Vater. Ich. Dann später ich. Wie mein Herr Vater. Ich bin der blinde Mann vom Berg. Geblendet von Gerechtigkeit. Mein Vater wollte niemals schaden, das meinte er tatsächlich ernst.

Ich wollte dir nicht weh tun. Wirklich nicht!

Das ist der schwarze Mann, den es für mich nie wirklich gab. Doch gab es ihn tatsächlich. Ein Gott, der keinerlei Verantwortung für sich und seine Taten trägt. Der immer nur das Beste wünscht und nie etwas auch Böses sich zusammenreimte.

Du musst zufrieden sein mit dir, sagt er dann irgendwann. Du musst mit dir zufrieden sein, sagt er und schaut mich an. Tatsächlich fühle ich mich nur entsetzlich. Du musst zufrieden sein, sagt er und mustert mein Gesicht. Ich war immer mit mir zufrieden, setzt er hinzu, und ich verstehe gar nichts mehr. Damals verstand ich nichts. Ich fühlte mich verschwunden. Das war, was er mir hinterlassen hat. Mehr gab es nicht an Weisheit von ihm. Ich musste so zufrieden sein, wie mein Herr Vater.

I would really, really, really like to be a legend like Madonna. Madonna knows what to do next, and when she’s performing, the audience is just in awe of her.

Britney Spears

Mein Vater, der einem Stein selbst Vorwürfe noch machte, er solle sich gefälligst so verhalten, wie er das von ihm wünschen würde, wenn er ihn nahm, am Inn, im Flussbett aufhob und dann ins Wasser segeln ließ. Und übers Wasser soll er gleiten, hüpfen, springen, dreimal ist nicht gut genug, jetzt soll es sieben Mal noch werden. Mein Vater zeigte mir das sogenannte Platteln. Ich staunte schon beim ersten Mal. Bewunderte den Vater sehr. Beim zweiten übers Wasser hüpfen fiel ich mit meiner Freude auf. Doch das genügte meinem Vater nicht. Bewunderung war viel zu wenig für den Steinewerfer.

Die Steine wollten plötzlich auch nicht mehr, was er sich doch erhofft hatte. Das Wasser war auch widerspenstig. Der Fluss vielleicht zu unruhig. Vielleicht die Strömung hier zu sehr. Vielleicht war das auch eine schlechte Stelle. Die blöden Steine viel zu groß, dann wieder andere zu klein, zu eckig und zu rund. Kein Stein, der ihn zufriedenstellen konnte. Der mit der Schöpfung unzufriedene Gott, mein Vater stand am Fluss und fluchte in den Inn. Er schrie das Flussbett an, die blöden und beschissenen Steine, was fiel denn denen ein, dass sie nicht richtig fliegen, gleiten, springen, hüpfen, segeln wollten. Was fiel den Steinen denn hier ein, dass sie sich nicht nach seinem Wunsch gemäß verhalten wollten. Verstanden sie nicht, was er sagen wollte? Verstanden diese blöden Steine nicht, was er von ihnen wollte? Was er sich für die Steine wünschte; das Beste für die Steine.

Wie irrsinnig und unzufrieden muss ein Mensch wohl mit sich sein, wenn er tatsächlich diese Möglichkeit ergreift, dem Stein das richtige Verhalten beibringen zu wollen. Mein Vater regte sich über Steine auf, er war mit diesen Steinen unzufrieden. Mein Vater war nicht Sisyphos. Mein Vater war in Wirklichkeit der Stein, der allem, jedem sein Verhalten beibringen wollte.

Ich habe das niemals verstanden, dass jemand unzufrieden ist und sein kann nur mit anderen. Nur immer mit der Welt und selbst das gar nicht merkt, wie unzufrieden stellend er selbst ist. Dass er unfriedlich ist. Dass er so unzufrieden ist in sich, und gar nichts davon weiß, wenn er Unfrieden sät und alles nur bekriegt und alles nur zusammenschreit. Das war für mich vollkommen unverständlich, dass er nie wusste, wie er war, wenn er die Welt verfluchte. Der Krieg fand für ihn statt. Er fühlte sich dafür selbstredend nicht verantwortlich. Mein Vater war für mich wie Adolf Hitler. Wenn ich die Stimme höre, wie er schreit und wie er alles nur anschreit. Das ist es, was ich nie verstehen hatte können, dass er sich dabei wirklich mochte, wenn er besonders böse war, wenn er besonders böse wurde, tobte, dass er damit zufrieden war, mit sich. Gewalt und Krieg und Unglück, Angst und grenzenlose Furcht, dass das Gefallen finden kann in seinen Augen, seiner Seele für ihn, wenn er mich kleiner werden sah, wenn er die Angst in mir erkannte, wenn er das ganz genau abmaß, wie in mir alles schrie, aufhören, bitte, aufhören, das hörte er und sah es mir genau auch an, obwohl ich keinen Mucks mehr machte, obwohl ich nichts mehr tat, nur dastand und mich verschweigen. Das machte ihn zufrieden, wenn jeder Widerstand zerbrach, wenn ich auf meinen Vater hörte, mit atemloser Furcht und Angst, im Angesicht des Vaters, meines Schöpfers. Das war es, was er in mir, wie nichts von einem Kind, von sich noch suchte, finden musste, die Kapitulation und das Zerbrechen eines eignen Willens, die Auslöschung von Liebe und Vertrauen. Du sollst ehrfürchtig sein, vor deinem Vater Ehrfurcht haben. Das brachte er mir bei. Damit war er zufrieden.

Ich war vor allem ehrfürchtig, was mein Herr Vater tat. Was er auch sagte, war bestimmt, war unanfechtbar. Ich wusste nicht mal, was das war und kannte nicht das Wort, ich kannte keinerlei Bestimmung, das was ich wirklich bei ihm fühlte, war Ehrfurcht vor dem Mann, vor seinem Willen, seiner Stärke, die Angst vor ihm als kleines Kind. Ich suchte bei ihm keinen Trost, die Angst war viel zu groß vor ihm. Ich suchte Halt und ausgerechnet Schutz bei einem Mann, vor dem ich Ehrfurcht haben sollte.

Ehrfurcht ist Steinzeitwissen. Die Angst vor der Natur, vor einem Stärkeren, der größer ist und schwer bewaffnet. Mein Vater als Naturgewalt, der mich auslöschen kann, wenn er das will. So wurde also meine Angst vor ihm erschaffen. Denn Ehrfurcht tötet jedes Kind, es tötet seinen Freiheitswillen, der sich nach Liebe ausrichtet und nicht nach dem Gesetz des Stärkeren. Mein Vater wünschte sich einen Sklaven, der niemals seine Ketten sprengt, der nicht einmal erkennt, dass er von ihm an einen Stein gekettet wurde. Mit Ehrfurcht angehängt. An ihn, mit Angst gebunden. Ehrfurcht kommt ohne nachzudenken. Ehrfurcht ist Angst vor dem Gesetz des Stärkeren.

Tu einfach, was ich sage, dann wird dir nichts geschehen!

Und diese Illusion erhält wie nichts die Macht, mit Angst vor einem übermächtigen und unsterblichen Vater. Ehrfurcht und heiliger Respekt benötigen Gewalt und ständige Gewaltandrohung. Sonst kippt die Ehrfurcht und die Verachtung macht sich breit. Wer ewig groß und stark, unsterblich bleiben will, muss Schwäche und den Schwächeren, das Leiden eines Kindes, Gefühle, wie wehrlos sein und ohne eine Hilfe, verachten und zerschlagen.

Jemand der Ehrfurcht für sich haben will, ist nicht zufrieden zu stellen. Ein Gott will alle Liebe die es gibt und die ist ihm zuwenig. Mein Vater merkte nicht, dass ich ihn als Kind doch liebte. Das war ein großer Schmerz, den ich als Kind nicht wirklich fühlen konnte.