Texte von Hugo Rupp

Angst nach dem Fall

Niemand sollte erfahren, wie ich mich fühlte, was ich an jedem Tag empfand, was ich von meinen Eltern abbekam und gleich von Anfang an nicht abbekommen hatte wollen.

Gleich kriegst du eine Abreibung!

Vor was hat dieses Kind nur eine solche Angst?!

Vor der alltäglichen Gewalt, vor der alltäglichen Abreibung durch die Eltern, die niemanden in meiner Nähe interessierte. Angst, die sich nicht gehörte, nicht für ein ehemaliges, nicht für ein kleines Kind. Angst, die sich für kein Kind je gehörte, das nur auf seine Eltern hören sollte, mit ihrer alltäglichen Gewalt. Die ganz die alte, erste, abgrundtiefe Angst vor der alltäglichen Gewalt, die kommt jetzt endlich aus mir raus, die geht mir endlich aus dem Körper.

Um Gottes Willen, halt endlich jetzt dein ungewaschenes Maul!

Dass sie mir gleich von Anfang an Abreibungen verpasst hatten.

Schlag dir das aus dem Kopf!

Jetzt ist es gut.

Sei jetzt ein braver Junge!

Jetzt sind wir wieder gut!

Ich sollte bitten und betteln lernen, nachdem sie mich bestraft hatten. Nach der alltäglichen Gewalt, sollte ich bitten und betteln lernen. Denn so, nur so gefiel es meinen Eltern.

Was hast du dir nur dabei gedacht?!.

Du bettelst förmlich nach Ohrfeigen.

Schämst du dich nicht?!

Hast du noch immer nicht genug?

Hört das denn niemals auf mit dir?!

Als hätte ich nach Gewalt gerufen. Als hätte ich, ein kleines Kind, jemals danach gefragt, danach gerufen. Als hätte ich, ein kleines Kind, Sehnsucht nach der Gewalt gehabt. Als hätte mich, ein Kind, jemals danach gedürstet und gehungert. Der Teufel hat mich nicht geritten. Die Mutter und mein Vater hatten mich angegriffen.

Ich wollte die Gewalt nicht haben. Ich wollte sie ja niemals haben. Ich will Gewalt ja gar nicht haben. Ich hab sie mir doch nie gewünscht. Ich habe nie danach gefragt. Ich habe nie danach gerufen. Ich habe nicht danach gefragt. Ich hatte keinerlei Vorstellung von Gewalt gehabt. Ich hatte keine Übung darin. Ein kleines Kind hat keine Übung in Gewalt.

Wie kann man nur so böse werden?!

Ich hab sie mir dann später vorgestellt und dass ich sie in mir auch übte. So wie sie in mich einst gekommen war, von meiner Mutter und von meinem Vater.

Aus Angst vor meiner täglichen Abreibung, hab ich auf euch gehört.

Du musst doch vor uns keine Angst bekommen!

Gehorsam hört jetzt endlich auf.

Dir werd ich Beine machen!

Jetzt zieh ich dir das Fell ab!

Na wart!

Gleich kommt der Schwarze Mann!

Da wirst du aber Augen machen.

Ihre Gewaltanwendungen und Drohgebärden.

Gleich zieh ich dir die Hammelbeine lang!

Na wart!

Gleich komm ich höchstpersönlich.

Dann gnade dir Gott.

Gleich geschieht ein Unglück.

Die Angst vor ihrer Drohgebärde.

Dich kann man ja nicht ernst nehmen!

Sie waren nicht nur unbarmherzig, sie waren nicht barmherzig. Sie konnten nicht barmherzig sein. Das hat mich so erschreckt.

Die Träume und das Kind. Am See und am Sportplatz. Der tote Junge aufgebahrt im offenen Sarg. Von seinen Eltern aufgebahrt und ausgestellt. Für alle anderen sichtbar. Der tote Junge am See, ins Gras gelegt, dem Freund des Jungen vor die Füße geworfen. Was ich gesehen hatte, und das was meine Eltern dazu sagten. Sie waren nicht nur unbarmherzig. Sie konnten nicht barmherzig sein. Barmherzigkeit und Anteilnahme kamen gar nicht vor. Nur Abreibung um Abreibung um Abreibung.

Barmherzigkeit, das zeigte mir der Klinger Hans, als er mich von der Mauer fallen sah und zu mir kam und mir die Hand auf meine Schulter legte. Dass es noch etwas gibt.

Deswegen hörte ich im Traum gestern Musik, am Fenster stehend, war weder Tag noch Nacht, so weit ging das zurück und in der Tat auch endlos vorwärts in die Ferne. Wohltat. Wohltat für meine kindliche und die erwachsene Seele; von Zeit und Ort und Stunde ungebunden; endlich bin ich in Sicherheit. Endlich fühl ich mich sicher, vor meiner Mutter und vor meinem Vater.

Was hatte ich doch für ein Glück, dass sich jemand meiner erbarmt hatte. Dass sich jemand für mich, ein Kind in Not, erbarmen hatte können. Nur deshalb konnte ich begreifen lernen, dass mir was fehlte.

Was bildest du dir ein!

Du bist nicht wie dein Vater!

Wie ich mich schließlich dafür schämte.

Du wirst nie wie dein Vater sein!

Dazu fehlt dir doch die Courage.

Ich schaffte es ganz einfach nicht.

Ein Linker wird kein guter Schreiner.

Was für ein Glück. Was für ein Glück, dass ich die Schmerzen aus der Kindheit nicht vergaß. Dass ich den größten Schmerz niemals vergessen hatte können, nur immer wieder kein Erbarmen finden.

Wie du nur aussiehst!

Mit deinen ganz verweinten Augen.

Geh zum Waschbecken und wasch dir gefälligst dein Gesicht.

Das war gar kein Versagen. Das waren keine Fehler meinerseits. Ich fand Erbarmen in mir selbst, dank meiner Tränen und der Wut. Und wartete und wartete, dass jemand mir das auch bestätigte.

Da kannst du lange warten.

Heul nicht so rum!

Dein Vater meint es doch nur gut!

Er hat dir doch gar nichts getan!

Als würden meine Eltern mich kurieren, von meinen Schmerzen, mit ihrer Grausamkeit und mit Gewalt.

Erlösung von dem Übel.

Erlösung von dem Übel durch Gewalt. Erlösung von den Schmerzen, durch Gewalt und Grausamkeit.

Solange ich noch schrie, war ich doch nicht wie sie, mir kein erbarmungsloser Lügner.

Freu dich nur nicht zu früh!

Das wird dir noch mal leid tun!

Freu dich nur nicht zu früh.

Kadavergehorsam fällt mir ein. Ich sollte ihnen folgen. Ihren Kadavern.

Wenn du nicht gleich still bist, dann kommt der Schwarze Mann und nimmt dich mit!

Vor was ich mich so fürchtete, vor was ich eine solche Angst als kleines Kind gehabt hatte, vor ihrer Lieblosigkeit. Vor ihren toten Seelen. Die mich beherrschten. Die mich beherrschen hatten wollen. Ich konnte meine Eltern nicht beleben. Nur merkte ich das nicht, dass das nicht mein Versagen war.

Die Wut, für die ich mich so schämen musste, war doch berechtigt. Die untersagte Wut, die unterdrückte Wut, sie trennte mich von meiner Eltern Lieblosigkeit.

Was fällt dir ein!

Dass Vater nie jemand verteidigt hat, nur seine eigenen Behauptungen, egal, ob er sich damit widersprach. Mein Vater hat nie jemanden verteidigt, nur seinen Stolz.

Was bildest du dir ein!

Vater hat nie jemand verteidigt, nur seinen Hass, mit seiner blinden Wut.

Jetzt bist du aber gemein!

Jetzt tust du deinem Vater aber unrecht.

Mutter hat nie jemanden verteidigt, nur ihre unterdrückte Angst und ihre unterdrückte Wut.

Dieses Gefühl, beherrscht zu werden. Von unbewussten Mächten. Beherrscht zu werden, vom eigenen Bewusstsein abgetrennt. Vom Unbewussten träumte ich. Von meinem eigenen Bewusstsein. Dieses Gefühl, Angst vor dem Ungesagten, Unausgesprochenen, selbst noch vor Ungeahntem. Die Angst vor nicht einmal Erwähntem, nur Angedeutetem. Die Angst vor einem Wort oder vor einer Silbe, von einem Augenblick zum anderen.

Die Angst des kleinen Kindes vor den unbewussten Eltern.

Ich konnte nicht aus mir heraussehen, niemals aus mir herausgehen, ohne von meiner Mutter oder meinem Vater sogleich dafür bestraft zu werden. Ich konnte nicht aus mir herauskommen, nicht mit der Wut, nicht mit der Liebe, oder meiner Angst.

Zur Position des Kindes

Sie haben mich verschwiegen. Sie haben sich nur immer ausgeschwiegen, wenn mir etwas gefehlt hatte.

Als lebte ich in einem Traum.

Diese Verschwiegenen, Gleichgültigen, diese von einem Augenblick zum anderen vollkommen Abgetöteten, die mich zuerst mit ihrer Raserei zur Weißglut brachten, und dann verstummten. Diese verwaisten und vereisten Menschen, meine Eltern. Die immer dann sich ausgeschwiegen hatten und mich alleine ließen, wenn ich sie brauchte, wenn ich jemand gebraucht hätte. Diese Klammheimlichen, Verschwiegenen, verfluchten und gemeinen Schweine.

Was mich verrückt gemacht hatte.

Nur schimpfen und ausschweigen.

Sag endlich, was dir fehlt!

Mach endlich dein Maul auf.

Sie taten mir weh und dann versteckten und verschanzten sie sich hinter der Verschwiegenheit und ihrem Schweigen.

Reden ist Silber.

Schweigen ist Gold.

Gleich zieh ich dir die Ohren lang!

Gleich kannst du was erleben!

Gleich reiß ich dir die Lauscher aus.

Wie Vater mir die Ohren lang gezogen hat. Warum ich immer wieder über meine Schulter sah. Warum ich meine Schultern hochgezogen habe. Warum ich immer wieder links an meinem Hals Probleme hatte. Warum ich mich schief fühlte. Warum ich immer wieder meine Schultern schüttelte. Wie Vater mich an meinen Ohren zog, wenn ich zu schreien anfing. Wenn ich geschrien hatte, und er nach Hause kam, und meine Mutter ihm berichtete. Wie Vater mich sogleich an einem Ohr gezogen hat. Und dann wieder an einem anderen. Und immer wieder lächelte. Und fluchte.

Hört das denn niemals auf.

Wie unsere Stimmen sich schließlich überlagerten.

Gleich zieh ich dir die Ohren lang!

Wie mich mein Zorn gepackt hatte. Wie er mich einfach weiter an den Ohren zog. Und seine Zähne zeigte. Und mir in mein Gesicht lachte.

Wer ist denn jetzt der Stärkere?!

Gibst du jetzt endlich auf?!

Hast du noch immer nicht genug ?!

Wie ich im Grunde immer nur darauf gewartet habe, dass mich jemand misshandelt und bestraft.

Dein Vater meint es doch nicht böse.

Er meint es doch nur gut.

Er über mir, die rechte Hand an meinem linken Ohr, und ich lieg da in meinem Bettstadel. Wie selbstverständlich mich mein Vater quälen konnte. Und wie ich mich deshalb verachten und missachten lernte. Wie ich mich selbst und jeden anderen missachten und alles an mir selbst verachten und verlachen lernte.

Misshandlung um Misshandlung.

Was bildest du dir ein!?

Pass bloß auf!

Die Furcht davor, die Nerven zu verlieren, dass mir ein Unglück dann geschieht, dass mir was schreckliches passieren würde, zustoßen könnte, wenn ich ihm einmal noch davonliefe, wenn ich noch einmal schreie, wenn ich noch einmal weine, mich bedauere. Die Angst vor meinem Vater und der Gewalt in meinem Hirn.

Beherrschen und verschweigen

Das überwältigende Tosen, wie das hereingebrochen ist, wie das in mich hineingekrochen ist. Was ich in meinem Nacken spürte. Wenn ich nicht ausgekommen bin, den Fingern meines Vaters und seinem Zwicken. Die Angst dabei, die Todesangst, die sich als solche nicht gehörte. Jetzt kann ich die Misshandlung spüren.

Was bildest du dir ein!

Dein Vater wollte dir doch nicht wehtun!

Gleich kommt der Schwarze Mann, wenn du nicht schläfst.

Wenn du nicht endlich still bist und einschläfst, dann kommt der Schwarze Mann.

Mein Vater, der an meinen Ohren zieht und reißt, hat mir ja schon gereicht. Nur meiner Mutter nicht.

Misshandlungen an kleinen Kindern. Darum dreht sich die Welt, die ganze Zeit im Kreis. Misshandlungen, die keine sein sollen, die keiner sehen soll, nicht mehr verspüren, an sich nicht und an keinem anderen.

Verschweigen, übersehen und beherrschen.

Vor was hat dieses Kind nur eine solche Angst?!

Angst, die sich nicht gehörte. Angst vor Misshandlung. Wie sie mir in den Ohren lagen. An jedem Tag. Mit ihrer Sprache. Mit ihren Wörtern und Beschuldigungen. Wie die Misshandlungen in meinen Ohren klingelten und sich um mich und meine Ohren legten. Wie ich von der alltäglichen Gewalt, von den Misshandlungen förmlich verdeckt und eingehüllt, förmlich verschleiert wurde.

Was bildest du dir ein!?

Dass ich von meinen Eltern weg wollte, nur weg von der Gewalt und den Misshandlungen. Ein Fluchtreflex und Fluchtgedanke.

Da bleibst!

Angst, die mir nicht gehören durfte. Auf die ich nicht mal hören durfte. Die Angst vor der Misshandlung durch die Eltern. Die Angst.

Spinnst du?!

Was fällt dir ein?!

Sei endlich still!

Halt deinen Rand!

Was ich verteidigte mit meiner Wut und meinem Zorn, gegen die Mutter und den Vater. Mit meiner Angst verteidigte ich mich, gegen die Mutter und den Vater, gegen Gewalt, Misshandlung und Missbrauch.

Endlich begreife ich, dass ich nie wieder Angst vor meiner Angst bekommen kann.

Was fällt dir ein!

Sei jetzt gefälligst ruhig!

Endlich begreife ich, dass ich nie wieder Angst um meine Angst bekommen muss. Dass ich nie wieder Angst um mich bekommen kann. Dass ich mich nie mehr wieder vor mir fürchten muss, mit jener Angst vor meinen Eltern, die sich doch nicht gehörte, weil sie doch klar und deutlich sprach: Ihr tut mir weh, denn ihr misshandelt und missbraucht mich. Das sollte ich verschweigen lernen und mir selbst später nicht verraten können; warum ich Angst vor meiner Angst bekam, warum ich eine solche Angst bekommen hatte.

Die Angst, die in mir schlief wie eine Strafe.

Die Angst, die an mir lag wie eine Schuld und ein Versagen.

Mit der ich mir nur immer wieder selbst wehtat.

Was fällt dir ein!?

Kann mich an keinen Tag erinnern, an dem die Eltern nicht darauf anspielten, auf mich nicht hingewiesen hätten, ich wäre schuldig und unartig, ich wäre schließlich böse, mit dem Geschrei und meinen Tränen, und sie niemals.

Mutter und Vater beteuerten vor allem ihre Unschuld und meine Schuldigkeit. Sie spielten immer nur auf ihre Unschuld und meine Schuldigkeit an. Sie gönnten mir gar keine Freiheit, sie ließen meine Unschuld gar nicht gelten.

Was fällt dir ein!

Sie warfen mir andauernd vor, ich sollte artiger, gefälligst braver, nur nicht so böse sein.

Ich würde doch nur schuldig sein, nur schuldig sein können und mich nur schämen müssen, wenn ich nicht auf sie hörte.

Was ist denn jetzt wieder passiert!?

Endlich verliere ich mein Schuldgefühl den Eltern gegenüber. Endlich verliere ich die Qual, nur schuldig sein zu können, nur schuldig sein zu dürfen, wenn jemand mich bestraft und anfeindet, verleumdet und entwertet; wenn jemand nur verräterisch auf irgendwas anspielte, oder mich einfach nur beäugt hatte. Endlich verliere ich mein Schuldgefühl für meine Tränen und die Wut und meine Angst und meinen Zorn. Endlich verliere ich die Schuldigkeit vor den Gefühlen.

Was bildest du dir ein!

Endlich verliere ich die Angst vor meiner eingebildeten Schuldigkeit. Endlich verliere ich die Angst vor meinem Zorn.

Was meine Eltern unerträglich für mich machte, das waren ihre Posen, ihr Lachen über Schmerzen, ihr unschuldiges Lächeln, wann immer mir was fehlte. Ihr unschuldiges Lächeln und Gehabe, als wäre ich der Böse. Ihre schier unerschöpfliche Selbstherrlichkeit, mit der sie alles von mir immerzu bedachten, was ich vorbrachte, was ich herzeigte, was ich selbst unter Tränen noch und voller Angst und Absicht zu beweisen hoffte, dass ich gar nichts getan hatte, dass ich das nicht verdienen würde, dass sie mich immerzu bestraften und mich behandelten, als wäre ich der letzte Dreck, dass sie mich immer nur verachteten, wenn ich sie brauchte.

Endlich werd ich dieses Gefühl auch los, ein Sündenbock zu sein, ein Sündenbock ganz einfach sein zu müssen, weil meine Eltern das bestimmten, dass das meine Bestimmung sei.

Was bildest du dir ein?!

Dass ich ein Sündenbock gewesen bin, weil ihr mich von Anfang an dazu gemacht hattet.

Das hast du dir selbst zuzuschreiben!

Hättest halt besser aufgepasst!

Jetzt hat es dich halt hingehauen.

Da wird sich deine Mutter aber freuen!

Das wird ein Donnerwetter geben!

Endlich begreife ich, ich war gezwungen, ich konnte nicht umhin, mich für die Eltern schuldig zu fühlen. Ich konnte als Kind gar nicht anders, als mir die Schuldigkeit von Anfang an selbst einzubilden und schließlich selber einzureden.

Ich konnte später gar nicht anders, als anderen Schuld zuzufügen, Schuld zuzuweisen, für meine Schuldigkeit, für mein Gefühl der Schuldigkeit. Weil ich gar keinen anderen Weg, gar keine andere Möglichkeit gefunden hatte, um etwas von der eingebildeten Schuld und Scham zu schmälern, als sie mit anderen zu teilen. Sich einen Sündenbock zu suchen, das hatten mir die Eltern beigebracht.

Denn wenn ich keinen Sündenbock mehr suche und keinen Sündenbock mehr finde, Gnade mir Gott, denn dann wird meine Wut und meine ganze Angst, im nächsten Augenblick, in einem Atemzug vollkommen frei, um mich selbst heimzusuchen.

Was bildest du dir ein!?

Der Schwarze Mann, der kommt, der Teufel wird mich holen. Endlich begreife ich die ganze Angst des kleinen Kindes. Ich bliebe ganz alleine auf der Welt, wenn ich die Schuld nicht übernähme, wenn ich nicht schuldig wäre, dann bliebe mir nichts anderes mehr übrig, als mit dem Schwarzen Mann alleine mitzugehen; allein mit ihm zu leben; allein mit all den Toten. Alleine mit dem Abgetöteten, allein damit in mir.

Da bist du ganz allein dran schuld.

Was schreist du auch so rum!

Die Schuldigkeit, die eigene Schuldigkeit, die ich mir eingebildet hatte, verhinderte den Zorn und meine Wut.

Was schreist du denn?!

Du hast gar keinen Grund!

Kein Schmerz durfte unschuldig sein. Kein einziger. Auch nicht die Freude.

Was grinst du denn so blöd?!

Mein Weinen und die Freude. Nichts davon durfte unschuldig sein.

Was fällt dir ein!

Ich merkte nicht, dass sie mich noch beschuldigten, nachdem sie mich verletzt hatten. Egal, was ich als Kind auch anfasste, stets stand schon Schuldigkeit darauf. Was ich auch machte, stets stand mir Schuldigkeit und Scham bevor. Als wär mir Schuldigkeit von Anfang an schon ins Gesicht geschrieben.

Was fällt dir ein!?

So ist der Hass in mir entstanden, weil ich mich dafür doch so schämte, weil ich mich doch so schämen hatte müssen, für meinen echten und unverfälschten Hass.

Jetzt kommt der Schwarze Mann!