Der Vater ist der Mutter
in der Nacht
nach seinem Tod
in einem Traum erschienen.
Sein Finger zeigte
immer wieder
auf Papier.
Da steht doch alles drin,
das hat er mir gesagt,
da ist doch alles da,
sagt sie.
Da steht doch alles drin
in Mutters Traum, da ist doch
alles festgeschrieben.
In meinem Traum
in dem ich sie
nah einer Mauer
stehen sah.
Sie hielt ein Buch
in ihrer rechten Hand.
Ein dickes weißes Buch.
Ist da von Schuld
und Schuldigkeit
die Rede?
Steht da vielleicht
was ich den Vater
kostete?
Ist da der Geist
des schwarzen Hundes drin,
so wie ich
meinen Vater sah
nach seinem Tod
in meinem Traum,
wie er mich angegriffen hat
und nach mir
immer wieder
schnappte.
Ist dieser Geist noch wach?
Ist dieser Geist
auch nach dem Tod
des Vaters noch aktiv,
und unvermindert bösartig?
Ist dieser Geist
als böser Vater
in mir wach?
Verehrung ist: Erziehung bleibt erhalten.
Ich appellierte an sie
immer wieder:
Der Vater ist
nicht gut zu mir.
Der Vater ist nicht gut.
Er gibt nur Geld.
Doch davon wollte sie
nichts wissen.
Es steht doch alles da,
sagt sie.
Da steht doch alles drin.
In ihrem Traum von einem
guten Vater.
Warum höre ich
der Mutter zu?
Warum versuche ich
sie zu verstehen?
Weil ich das so früh
lernen musste.
Plötzlich riecht es
nach Teer
nach Teer
in meiner Nase.
Du wurdest nicht so oft geschlagen,
sagt sie beiläufig
und nüchtern
amüsiert.
So sieht sie aus
mit diesem Satz
für mich.
Das ist
ihr Blick
das Bildnis das
ich von ihr
in mir trage.
Im Buch steht alles drin, sagt sie.
Da steht doch alles da.
Sie zählte
Namen auf
von Toten
jüngst Verstorbenen.
Ich wusste nie
ob sie sich selbst
vermissen würde.
Sei nun schön brav!
Sie hat dann noch geschaut. Mit einem Blick. Der an mir haften blieb als nackte Angst, als ein Versprechen ihrerseits, sie würde nie mehr anders sein zu mir. Nur fremd und leer und böse. Mit Vorwurf und Beschuldigung, ich würde nicht auf ihre Weise horchen. Ich würde nie auf sie und meinen Vater achten.
Sie hörte nicht, was ich ihr sagen wollte. Ich wusste nicht, was mir fehlte. Das war das schlimmste daran. Niemand zu haben, der fühlen kann, was einem kleinen Kind wohl fehlt, wenn es allein in einem Zimmer liegt und weint.
Ein Kind ist auf Bestätigung doch angewiesen. Es kann erst sein Gefühl mit einem Zeugen selbst begründen.
Deswegen dachte ich dann später immer nur, ich müsste die Gefühle selbst erfinden. Weil ich das gar nicht fühlen konnte, was sie mich nicht verstehen ließ.
Sie hat in meine Schmerzen Schuldigkeit gebracht. Ich kam mir immer schuldig vor, wenn ich jemanden lieben wollte. Wenn ich mir Nähe wünschte. Ich konnte keine Wut empfinden, wenn mich jemand verließ. Ich fühlte Schuldigkeit, als wäre das eine gerechte Strafe, für den Versuch zu lieben.
Selbst schuld, sagt sie.
Selbst schuld, sagt er.
Selbst schuld, gab ich dann einfach wieder.
Ich pflichtete den Eltern bei und meine Pflicht war schuldig sein.
Ich dachte immer nur die Welt sei leer. Sie würde alle Wunden nur verlachen. Sie würde keine Wunden/Kratzer dulden. Wer sich verletzt, macht sich selbst schuldig, dachte ich.
Wer wird denn da schon wieder weinen, sagt sie und er gleichzeitig.
Wie wütend muss ein Kind wohl sein, wenn es nicht einmal schuldlos weinen darf?
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