Texte von Hugo Rupp

Das Opfer

 

Ich schloss die Augen und es war Nacht. Ich schloss die Augen immer wieder und es war wieder Nacht. Ich zweifelte, ob nicht mit einem Mal der Tag anbrechen könnte. Ich zweifelte, ob nicht bei einem Augenschließen nicht Nacht sein könnte. Ich zweifelte, ob ich das wirklich sehe, ob ich das wirklich bin, der dieses sieht. Der sich zuhört und auch im Grunde fühlt, was er da sieht, wie ihm geschieht. Was bin ich ohne Zweifel? Was bin ich ohne mich? Das habe ich gedacht. Als Kind von klein auf denken müssen, weil ich nicht fühlen durfte, dass ich mich stets verdenken muss, verdenken und verbiegen, weil niemand meine Sicht der Dinge will, weil niemand mag, was ich gerade fühle. Sie mögen alle nicht, was ich gerade fühle. Wenn es den Zweifel nicht, wie ich ihn heute sehe, gäbe, dann wüsste ich von allem nichts, nicht einmal dass ich fühlte, dass ich doch immer etwas fühlte, und niemals mein Gefühl, für meine Eltern passend war.

Sie haben mir verboten, das Fühlen anzufangen, für mich, wie ich jetzt antworte. Sie haben mich behindert, verbiegen musste ich mich stets, damit ich ihre Ruhe fand, vor ihren Taten. Ich ließ mich leicht verbiegen. Verbogen blieb ich dann in meinem Bettchen liegen und schaute in die Nacht.

Ich schreckte mich mit jedem Atemzug. Sie ist die Tote, die Frau im Sack, die Frau im See, sie ist die Schrecken alle. Sie ist mein Abendstern, der für mich leuchtet, dann ist es aus mit mir. Sie ist das Abendsingen. Sie singt mir auch die Sterne vor und hilft mir aus dem Bettchen. Sie ist mein Abendstern, den ich mittrage, den sie mir gibt, aus Stroh in meinen Händen. Sie ist der Strohstern heute, den sie um meine Beine bindet. Das sieht doch lustig aus, sagt sie und spielt mit meinen Füßen. Ich bin ihr fußbereiter Kerl, der Sohn den sie jetzt hat. Ich bin die Wahrheit in Gedanken, die nie erschrecken darf. Ich bin in mir gefangen, weil sie nicht sehen kann. Sie sieht nicht meine Schmerzen, die sie mir beibringt, wenn sie schreckt, erschrecken tut, auf Laute, kleine, große, laute, wenn sie sich biegt und auch mal bückt und mitten in ihrer Bewegung auch abbricht, um sich zu stauchen, kleiner wird, um wieder diesem Ton jetzt auszuweichen, sehe ich die Mutter vor mir zucken und ihre Augen raten immer, was jetzt geschehen ist, sie raten nur und sagen niemals mir die Wahrheit, weil sich verraten kann die Mutter nicht. Sie rät nur, was jetzt wieder war, und hört dann hin, und plötzlich wird ihr wieder besser, weil sie so bleich auch um die Nase war, weil sie so bleich in ihren Haaren, der Schweiß ist auch gekommen. Die Mutter schreckt sich immer noch. Sie rät jetzt, was da ist, was ihr so Schrecken einflößt und sie verwirrt, dass Schwindel ihr Gesicht ergreift, nach einem festen Punkt. Sie sucht sich eine Haltung, die sie hält, sie sucht nach Haltepunkten. Sie hält sich an dem Glauben fest, dass niemand hier ist, wenn sie erschrickt. Sie hält sich an dem Glauben fest. Ich schrecke immer noch mit ihr. Wenn sie sich dann gefangen hat und für sich schon die Rettung ist, bin ich noch immer sehr erschrocken, und jetzt sieht sie mich an, und tut als wäre nichts gewesen, als gäbe es den Schrecken nicht, als wäre da nie und nimmer einer gewesen. Sie zweifelt mich an, meine Angst, mit ihren Augen zweifelt sie mich an und schaut verbogen hässlich. Sie schaut mich in die Augen, sie lockt mich in den Blick, dass nichts gewesen ist, was ich mir nur einbilde, dass ich mir immer nur einbilde, was niemals da gewesen ist. Sie bildet sich nichts ein, sagt sie mit ihren Blicken. Ich soll mich nicht erschrecken, vor nichts, wenn nichts gewesen ist. Sie bringt den Zweifel in mein Hirn, als wäre nichts gewesen, sie bringt die Wahrheit um, als wäre nichts gewesen. Sie bringt mich um Verstand und sagt mir immer wieder, dass ich nicht fühlen soll, was ich doch fühle. Sie sagt mir ohne Unterlass, dass ich mich doch verfühle, dass ich nur Bilderraten tue, dass nichts von alledem, worauf ich reagiere, in Wirklichkeit auch existiert. Sie bildet mir die Bildung meiner Bilder ein, und sie verhindert meine Bilder. Sie weigert sich mir Hilfe auch zu geben, wenn ich an Angst und Schrecken zu ertrinken drohe, wenn nur mehr Angst mich zu ertränken droht, dann steht sie da und lacht in meine Richtung, dass ich mich nicht so haben soll, da wäre nichts gewesen. Da ist nichts, was mich ertränken kann. Da ist kein böser Mann, da ist kein Schwarzer Mann, da ist jetzt keine Leiche mehr, da ist nicht mehr, was sie mir einst erschaffen hat, da ist kein Geist, der ihren Namen trägt, kein Bild, das sie erschuf, vor dem sie selbst sich furchtbar schreckte. Der Schrecken ist nicht mehr ihr Ding, es ist in ihr verborgen, was sie auch niemals dachte, dass sie doch selbst die Urheberin des Schreckens aller Schrecken war, das ist sie immer schon gewesen, dass sie mich schreckte und verließ, nachdem ich schreckhaft wurde. Sie schreckte sich und sagte dann, still, da ist doch nichts gewesen. Und ich erschrecke auch und schreie wieder, und sie lacht nur, als wäre wieder nichts gewesen, und so ergreift mein kleines Herz nur immer wieder Zweifel, was ich erhören muss, wenn Mutter mit mir ist, wenn sie erschrickt, dann sehe ich den Schrecken immer nur in ihren Augen und niemals ist die Luft für mich auch ein Gesicht, wie sie es stets zu zuerst zu hören und dann zu sehen glaubt. Ich höre nicht den Schrecken, ich sehe ihr Gesicht, ich sehe ihre Augen und sehe keinen Menschen. Ich höre nur die Laute, nachdem die Mutter leise wurde. Ich höre ihre Laute nicht, ich sehe keinen Menschen, ich sehe ihr Gesicht, mit dem sie stets verstummt, und mich dann in die Augen schaut, mit diesem Hass und Angst und Schreckensgleich und allem Furchtgehabe, zu dem sie ewig fähig scheint. Jedoch den Grund, und auch die Ursache, die sehe ich niemals. Ich zweifle nicht an ihrem Schrecken, das kann ich nicht, ich weiß nicht was das ist, an etwas zweifeln, das nicht ist. Es ist ja was für mich, und ich erzittere, doch sie sagt immer dann, wenn ich am zittern bin. Nun sei doch still, jetzt hör doch auf zu weinen, da ist doch nichts gewesen. Wenn ich nun ihre Hilfe bräuchte, dann ist sie ja schon weg, sie ist nie mehr dann hier. Sie lässt mich nur im Stich, mit ihren Ängsten und geht dann weg, wenn sie mir ihre Angst gegeben hat, und lässt mich dann allein. Mit meiner Angst, in meiner Angst, als wäre nichts gewesen. Jetzt frag ich Sie, ist jemals meine Angst gewesen. Was hatte ich, was es nicht gibt, die Angst vor meiner Mutter Geister? War Angst die Mutter aller Geister, in mir, erst recht in ihr? Was war die Angst in meinem Herzen? Ein Geist, oder real? Wir reden jetzt von Geistern, die es für mich nicht gab, weil ich sie niemals sehen konnte. Weil ich sie niemals hörte. Die Geister blieben für mich stumm, und nur das schrecklich, schreckliche Gesicht, der Mutter, die mich schreckte, jagt Schrecken in mich rein, und lässt mich dann allein, mit meinem Schrecken. Vor was? Warum?

Ich konnte nur verzweifeln, das war nicht Flucht, das war nicht Rettung in der Not. Ich lernte zu verzweifeln. Das lernte ich von ihr. Ich lernte zu verzweifeln, an dem was ist und niemals sich mir zeigt. Dass etwas ist, was nicht da ist, das meine Mutter so erschreckt, dass sie mich anschaut wie ein Geist, und ich dann nur erschrecke. Sie ist es, die mich schreckt. Sie ist der Geist, der mich erschreckt. Sie ist es, die mich dann alleine lässt und mir verbietet Angst zu haben. Ich soll vor ihren Augen nun keine Angst mehr haben, denn wenn ich mich vor ihren Augen ängstige, dann überkommt die Mutter wieder Angst, und ich erschrecke meine Mutter. So geht sie weg und lässt mich mit der Angst allein und lässt in mir die Wahrheit niemals aufkommen, dass sie es eigentlich ist, die mich erschreckt mit ihren Schrecken, mit ihrer Angst und ihrem Wahn. Dass sie es ist, die ich erkenne, die Angst und Geister sieht, nur sie, die in mich Schrecken treibt, ganz ohne Ende. Sie ist die Projektion für meinen Schrecken, das Bild das sich mir zeigt, sie ist auch der Projektor, der mich erschreckt, nur in Gedanken, dass sie so schaut, als könnte es die Geister wirklich geben. Doch ob es etwas gibt, das es nicht gibt, das kann ein Kind nicht wissen. Ich kann es auch nicht wirklich fassen, dass da was ist, was Angst und Schrecken in die Mutter treibt und sich versteckt vor meinen Augen, das ich nicht hören kann, weil es doch nicht zu hören ist. So ist mir meine Fähigkeit, vom Hörensagen her zu trauen und auch zu fühlen, was da ist, von Anfang an verdorben worden. Ich konnte nicht vertrauen, nicht einmal meiner Mutter. Ich traute niemals ihren Lauten, egal was sie mir sagte, ich hatte keine Wahl, weil sie mir nie die Wahrheit sagte. Ich hatte immer nur den Schwindel, ich meine meinen Körperzweifel, dass etwas ist und doch nicht ist. Dass etwas niemals ist, wie es gewesen. Es gab die Wahrheit nicht, für meine Art Begriffe, es gab die Wahrheit nicht, ich konnte sie nicht wissen.

Das ist die Geschichte aus der Sicht des Kindes und nicht mehr aus der Sicht Mutter. Warum das Kind nicht sehen konnte und seine eigene Sicht nicht glauben, sich selbst nicht glauben konnte, sich nicht sicher sein konnte, verzweifeln musste, an seinen Gefühlen zweifeln musste, ist jetzt klar.

Das Kind muss am Geistersehen seiner Mutter erschrecken.

Geh, du siehst ja Gespenster, sagte sie immer wieder. Zu mir sagte sie das. Heute höre ich einen Unterton heraus, den ich als Kind nicht hören konnte, als würde sie sich selbst beruhigen wollen, als würde sie mit sich selbst beruhigend sprechen, indem sie zu mir sagte, ich würde wohl Gespenster sehen, wenn ich mich fürchtete, dann später in der Wohnung, wenn ich vor Angst, nachdem ich mir allein einen Toten im Leichenschauhaus angeschaut hatte, da war ich 10 Jahr alt, auch in der Kloschüssel nach Toten suchte.

Ein Kind kann seine Wahrheit nicht wissen, wenn es nicht fühlen darf und kann, wie es sich fühlt. Das ist die schrecklichste Wahrheit, denn es ist verdammt, das zu tun, zu glauben, was ihm gezeigt wird. Das Kind kann erst als Erwachsener seine Wahrheit finden und dann fühlen, was es als Kind nicht einmal fühlen durfte, die wirkliche, berechtigte Angst vor der Mutter. Es hat sich diese Angst selbst zu geschrieben, und jeden Zweifel an der Wahrheit auch, auch jeden Zweifel an der eignen Wahrheit hast du dir immer selbst zugeschrieben, als Zweifel und Unfähigkeit, als Schuld, als eigenes Versagen, dich nicht zu kennen. Du konntest dich nicht fühlen und erkennen, als Kind wurde dir dies verwehrt, weil du die Wahrheit deiner Furcht und Angst, die Wahrheit deines Zweifels nicht fühlen konntest, weil sie dir deine Wahrheit doch verwehrte. Nur das Kind kennt die Wahrheit und nur der Erwachsene kann dem Kind dabei helfen, diese, SEINE eigene Wahrheit zu finden und zu fühlen.

Das Kind hält sein Ohr an die Wand um etwas von den Eltern zu erfahren. Es ist begierig irgendetwas von den Eltern zu erfahren. Es weiß nichts von den Eltern. Die Eltern wollen nicht mehr reden. Sie sind die Stummen. Sie reden nur alltäglich, das Wetter oder so. Nicht miteinander, nicht mit dem Kind.

Das Kind geht in Kaufhäuser um etwas zu erfahren, oder liest Bücher, es lauscht an Tischen, ob vielleicht was ähnlich klingt, von den Worten, die es hört, eine Ähnlichkeit mit seinen unentdeckten Worten, eine Ähnlichkeit mit seinen unentdeckten Wünschen, eine Ähnlichkeit mit den unentdeckten Schmerzen, eine Ähnlichkeit in anderen, eine Ähnlichkeit im Unentdeckten, eine Antwort auf die Fragen seines Körpers und der Seele. Gibt es Worte die sich treffen, die so aufeinanderprallen, dass verborgene Energie frei wird? Gibt es Worte, die sich nützen und ergänzen, die sich um die Seele kümmern? Gibt es Hilfe für die Seele? Gibt es ein Erkennen?

Wenn der Vater keine Energie für die Schmerzen seines Vaters hat, wie er sagt: Jedes weitere Wort ist verschwendet. Alles ist vergebens.

Wenn der Vater seine Worte spricht, dort am Kriegerdenkmal bei den beiden Steintafeln, mit den Namen der Gefallenen. Keine Leiche liegt hier. Auch so ein Gedanke, wenn die Leiche fehlt, und nicht hier ist, ist sie noch am Leben. Kann es nicht vielleicht noch sein? Einen Rest an Hoffnung haben? Andrerseits hat dieser Vater auch den Krieg am eignen Leib erfahren.

Doch die Steine waren mir nur Steine, Steine mit den vielen Namen. Nichts war an den Steinen eine Hilfe für den Schmerz, den ich auf dem Antlitz meines Vaters sah. Nichts erklärte mir die Träne. Stummer Vater, eine Träne, keine Worte die sich kümmern, keine bleibende Geschichte, keine Information, keine Unterhaltung, keine Haltung dazu, nicht zu seiner Träne. Nichts erklärt mir seine Schmerzen, niemand mir die meinen. Niemand spricht zu mir. Meine Unterströmung, meine Art Verlangen, dass was in mir schon entstanden ist, auf ein Echo trifft, dass ich meine Art Gefühle jetzt auch zeigen kann, außerhalb der Wohnung meines Körpers, dass ich meine Art Gefühle auch am Tag begreifen kann, nicht nur in der Nacht, wenn ich mit mir rede, ohne Worte, nur in mir. Wenn mein Träumen nach der Lösung sucht, im Bedenken mit der eigenen Seele. Wenn mein Suchen Lösung sucht von den Fragen, die ich habe.

Niemand hilft mir weinen. Mutter ist nie da, wenn ich Hilfe brauche, ist sie niemals da. Wenn ich Sprache brauche, ist der Vater keine Hilfe. Spricht nicht meine Worte.

Vater lachte nur und grinste, dann entstand die Wut, Mutter kühlte sich mit Worten, die sie sich selbst sprach. So ertrugen sie mein Schreien, von der Wut der Seele, so erstarb in mir mein Leben, alle meine Fragen, Wünsche, die ich für mich hatte.

Es gab keinerlei Information und Erfahrungsaustausch was Schmerzen und Freude und Liebe anbetrifft.

Kein Zeichen der Verständigung. Kein Anzeichen, kein Wort der Verständigung, keine Geste der Wiederverständigung, der Völkerverständigung.

Dein Fühlen ist Verständigung, ist die Selbstverständigung deiner Art Gefühle, die das Kind nur fühlt. Was das Kind nur fühlen kann. Eigene Worte an das Herz des eignen Kindes, seine Antwort ist das Heil. Deine Worte sind das Heil, deine Antwort ist die Heilung von den „Sünden“, die du dir einbilden musstest. Wurdest doch mit Schuld nur angezogen. Schimpften dich schon schuldig in die kleinste Windel. Fluchten und verfluchten deine Körperreaktionen schon vom ersten Anfang an. Keine Schuld hat es nie gegeben. Keine Schuld war für dich nicht existent, unvorstellbar eigentlich. Fluchten und verfluchten deine Tränen, fluchten und verfluchten deinen Schmerz. Fluchten und verfluchten deine Art von Fragen, fluchten und verfluchten dich.

Wenn es einen Engel gäbe, würde er das tun, würde dich bekräftigen und dein Wort berühren, das in dir entsteht, würde deine Stimme auch erheben, mit dir und für alle, dass das Kind gehoben wird, aus sich und den anderen. Wie ein jedes Kind gehoben ist, aus sich und den anderen. Dieses Kind wird aufgehoben, von den Worten die es tragen, und getragen hat, immer schon im Herzen. Dieses Kind hat seine Seele aufgehoben, für sich und die anderen. Aufgespart und aufgehoben. Dieses Kind verständigt sich, mit dem Kind, das es gewesen ist, das es immer schon gewesen ist, nur jetzt ohne Schuldbekenntnisse und auch ohne Schuldzuweisungen. Dein Verständnis von den Sinnen ist von Anfang an beschuldigt worden. Deine Sinne wurden selbst beschuldigt. Deine Art zu Fühlen und zu sehen, deine Art von Hören, alles wurde nur beschuldigt, deine Art Gefühle, und das meiste, das sie taten, als du schriest und nicht mehr aufhören wolltest nur zu schreien um die Seele deines Herzens, um die Wut in deiner Welt, war die Seele zu vernichten, diesen Körper. Sie verschimpften deine Seele, sie beschimpften deinen Kern, sie erklärten dich zu böse, sie erklärten deine Wut als das Zeichen eines Teufels, als das Blut, als das Feuerzeichen, als den Untergang, als den Grund für alles Böse, deine Form von Wut. Meine Wut war nur von Teufeln, war der Teufel selbst. Diese Wut ist Teufelswerk. Woher hat das Kind nur diese Wut. Wie kann dieses Kind nur schreien, wenn es schon solange schreit. Wer, wenn nicht der Teufel, hat das Kind nur hergebracht. Dieses Kind ist Teufelswerk. Dieses Kind ist böse, sagt die schwarze Frau, mit den bösen Augen. Meines Vaters Mutter ist der dunkle Mann in den Augen meiner Mutter. Stimme aus dem Dunkel, die den eignen Sohn beschimpft. Schimpfen aus dem Dunkel, auch so eine Art Bedrohung. Worte, immer wieder Worte, bin verfluchtes Kind gewesen. Des hod da Deifi gseng, (Dieses Kind hat der Teufel gesehen). Aus da Bo Kardoffemo, hintn hengt da Deife dro. (Aus der Bahn Kartoffelmann, hinten hängt der Teufel dran).

Wut ist meine Wut, das Teufelszeug. Teufelswerk. Alle Angst kommt von ihren Teufeln und Gespenstern und den toten Kindern. Mutter ist die Teufelin.

Dieses Kind traut seinen Augen nicht, weil es doch der Teufel ist. Nur wenn dieses Kind niemals wieder weint, wird es wieder heil, wird es wieder gut.

Wenn du jetzt nicht aufhörst mit deinem Schreien, dann schwöre ich dir, dann bringe ich dich um.

Dieses Kind wird überleben und vertraut nie seinen Lauten, dieses Kind wird immer seine Wut nun meiden, weil es doch der Teufel ist. Es wird niemals seinen Worten trauen, weil es doch der Teufel ist. Wenn es jemals wieder seine Wut erhellt, wird die Rache ihn ereilen und ihn zur Rechenschaft ziehen, wie es seine Eltern sagen. Dann wird Rechnung aufgemacht. Wenn ich jemals wieder meine Wut entdecke, wird das Grab sich öffnen, und der Teufel auferstehen. Teufel wird den Teufel holen, ein für allemal. Dann wird dich der Teufel holen. Der Teufel soll dich holen, wenn du noch einmal mit mir so sprichst.

Jetzt deifed a wiada rum! (Jetzt rennt er wieder wie ein Teufel)

Der rote Teufelskopf beim Kasperl, der wutentbrannte Kopf ist meine Seele. Mein Kopf ist Teufelswerk, der Teufel ich. Die Wut verteufelt. Die Wut des kleinen Kindes wird stets verteufelt. Die Wut, die frühe Überlebenswut im Angesicht der kalten Mutter, die hat den Teufel in mir erschaffen. Gut dass ich Teufel war, sonst wäre ich verschwunden. Ich schrie wie niemals wieder. Ich schrie mir meine Seele aus dem Leib, ich schrie mich in die Seele, ich schrie mich in die Welt, ich schrie und wollte schreien, ich schreie meine Mutter an, mein Vater steht daneben. Ich schreie alles jetzt zusammen, was sich bewegt, was ich nur sehe, ich schreie jeden Schatten an, ich schreie um mein Leben. Ich schreie meine Seele aus und niemand hilft mir leben. Ich schreie ohne Unterlass, ich schreie und ermüde, dann schreie ich schon wieder, wenn ich die Kraft für meine Schreie finde, dann schreie ich schon wieder. Es gibt nur mich und meine Kraft, die Kraft zu Überleben, ich schreie um mein Überleben. Ich schreie in die Welt, mein Mund ist ohne Boden, es gibt kein innen außen, ich bin der Schrei gewesen. Ich schreie meine Seele aus. Ich bin ein Kind der Kälte, ich Kälte meiner Mutter und Kälte meines Vaters, der stets fehlt an meiner Seite. Es gibt die Kälte in Gedanken. Es gibt sie doch. Es ist die Nicht-Verständigung, das ist die Kälte in Gedanken. Es ist die Nicht-Verständigung mit mir, mit mir darüber, wie ich mich fühlen könnte, wenn nur ein Mensch mich hören würde, der meinen Schmerz erkennt, der mich als Kind aufnimmt, und nicht als bösen Teufel.

Sie haben die Verbindung, die das Kind zu sich hatte unterbrochen, immer haben sie mir mich selbst entzogen, mit jedem Einbruch in mein Fühlen und dagegen sein, haben sie mir meine Einstellung, meiner Art zu leben, sich selbst entsagend verhalten. Sie haben sich mir selbst entfremdet. Sie haben schließlich mich, mir selbst entfremdet und so mich selbst zu einem Fremden gemacht. Mir selbst immer mehr fremd wurde ich, das Kind mir schließlich völlig fremd. Sie haben so auch jedes Verständnis, das ich von mir hatte, verdorben, nach und nach, mich förmlich vergiftet, von außen, dass ich selbst mich abstieß und als etwas Fremdes, als fremdes Wesen auch behandelte. Ein Kind das sich nicht wieder kennt, das sich auch nicht mehr wieder mag, das sich auch nicht mehr näher kennen lernen will, weil es das alles nicht mehr mag, wie es sich selbst empfindet, weil es doch niemals wieder sich empfinden kann, weil alles was in diesem Kind aus sich heraus gekommen ist an reinem, seinem Urgefühl, von seinen Eltern stets als böse doch beschuldigt worden ist, von eben diesen als schlecht, nicht gut beschieden wurde. Sie schieden immer nur das Gute von dem Bösen, und teilten dich. Sie teilten immer nur dich auf, sie konnten niemals dich als ganzes sehen, sie fühlten sich an dir geschieden. Geschiedene Geister. Hier scheiden sich die Geister alle. Die gut von böse trennen wollen, die scheiden immer wieder Geister, die lassen niemals nur ein Kind in sich intakt, die lassen dich nicht eher ruhen, bevor du nicht geschieden bist, von dir und deiner Wut, vor ihren Geistern. Sie binden dich an ihre Seele, die kalte, an, und du das Kind musst glauben, dass es nur die Verbindung gibt, die zu den Eltern. Weil du vergessen musstest, dass du nur eine Art Verbindung kennst, die zu dir selbst und deinen eigenen Gefühlen. Du musstest das verlernen. Sie lehrten dich das auch, das gute zu verlernen, das falsche nur für dich dann zu erlernen. Dich aufzugeben.

Sie nahmen dir die Händigkeit und sagten deine linke Hand ist schlecht, sie machten das auch hier, direkt mit deinem Körper. Sie nahmen dir die Hand und zwangen dich zum Zweifeln, an deiner Hand und deinem Körper. Sie zwangen dich mit deiner rechten Hand zu schreiben. Sie schlugen immer nur den Zweifel vor und niemals gaben sie dir recht in deiner Wahl der Mittel, im einvernehmlichen instinktiven Tun, mit dir und deinem Körper selbst. Sie machten deine Sicht des Körpers blind. Sie zweifelten an allen deinen Fähigkeiten, dich selbst zu kennen, und ganz besonders an der einen, die jedem Kind doch innewohnt, sich selbst noch besser kennen zu lernen. Der Wunsch in jedem Kind, sich besser kennen zu lernen, der wurde mir verwehrt. Ich musste ihren Wünschen Folge leisten und meine Wünsche stets verwünschen. Verwunschen ist ein Wort, das in den meisten Märchen steckt. Ein Märchen für Erwachsene, der Wunsch nach einem andern Leben, nach einer Ausflucht aus dem hiesigen.

Sie sprachen nur von sich. Die Eltern, ihre Wünsche, sie sprechen nur von sich. Die Märchen, ihre Träume. So lassen sie die Kindheit ruhen, damit die Wünsche nicht mehr kommen, damit die Wunschwelt eines Kindes stumm und kalt, abweisend wird, damit die kalte Welt die Wut, des einst gewesenen starken Kindes, bewehrt mit seiner Wut, nicht mehr zum Vorschein kommt. Denn alles, was die Wut erfasst, sagt klar und deutlich nein, zu ihrer Art von Leben und Verhalten, das sagt im Kern ein Nein, zu ihrer Art Erziehung, die Wut des kleinen Kindes, sagt deutlich klar und ohne eine Spur von Zweifel, was diesem Kind einst fehlte, was dieses Kind für sich in Anspruch nehmen wollte, die Liebe und Geborgenheit, damit das Kind sich kennen lernen kann, mit seiner Art Gefühl, mit seinem Fühlen und Empfinden. Die Wut des kleinen Kindes ist von Natur berechtigt, es ist die Kraft, die seine Seele hat, bevor sie ihm genommen werden kann. Die Fähigkeit zur Wut bestimmt dein Überleben. Wer seine Wut, die seines kleinen Kindes endlich wieder sieht, wie sie doch war, wie sie in Wirklichkeit das Übel an der Wurzel packen wollte, indem sie sich doch gegen jene Übermacht auch wehrte, die deine Eltern für dich waren. Es gibt nichts schlechteres, als einem Kind die Wut zu nehmen. Wer einem Kind die Wut verwehrt, der lässt es untergehen. Der lässt es ohne eine Bindung sein, die dieses Kind für sich einst hatte, und die es erst erprobte und dann doch nur erneuern, immer wieder erneuern wollte. Der Austausch seiner Seele, mit sich und seiner Welt, der ist doch jene Freiheit, die nicht das Fremde hasst, nicht hassen will. Du willst dich doch verständigen. Du willst doch unaufhörlich nur Verständnis finden für dich und deine Seele. Das ist doch gleich in allen Kindern.

Jetzt öffnet sich die Tür, das Tor zu deinen Wünschen, die du als Körper damals hattest, die deine Wünsche waren, die du als Körper hattest, die deine Art Gefühl von Anfang an gewesen sind. Was wurde dir erfüllt von deinen Körperwünschen, nach Nähe und Geborgenheit, nach Wärme und nach Aufmerksamkeit, nach Ruhe und Belassensein, nach Schreien und nach Wut, nach Schmerzen und nach Freude, nach Liebe, Glück und einem festen Glauben an dich und deine Art von Wünschen. Wer hob dich auf und zeigte dir mit deinen Wünschen sein Gesicht, das deine Wünsche auch erkennt? Wer zeigt dir deine Wünsche? Wer sagt dir, dass deine Wünsche deine sind und deshalb gut? Wer hilft dir deine Wünsche für dich kennen lernen. Wer half dir je, dich selbst nur besser kennen zu lernen?

Hier wird die Wut geboren, immer wieder, wo deine Wünsche nicht vernommen werden, wo deine Wünsche nicht auf Gegenliebe treffen. Wer deine Wut jetzt nicht erträgt, der tötet deine Wünsche, den Einsatz für die Wünsche, die du hast, den Wunsch nach deinen Wünschen. Wer dich mit deiner Wut wegschickt und nur alleine lässt, der macht die Wünsche schlecht und macht sie dir zu Schmerzen, der macht dein Wünschen schmerzhaft jetzt. Der macht in dir die Wünsche schlecht, weil immer, wenn du wünschst, wirst du nur weggeschimpft und abgelegt und dann allein gelassen. Du wünschst verzweifelt hier jetzt weiter, wo du gewesen bist, für dich allein, du wünschst verzweifelt deine Wünsche weg, weil sie es sind, die dich jetzt peinigen. Ach hättest du nicht diese Wünsche, ach würde doch dein Körper nicht andauernd diese Art von Wünschen produzieren, die niemand doch erfüllt für dich. Ach hättest du das Wünschen nicht, das sie nicht hören und nicht sehen können, wenn du dir wünschst, dass sie doch einmal dich erhören, dass sie doch einmal dich auch hören, was du zu deinen Wünschen sprichst. Sie hören deine Wünsche nicht. Sie hören keine Wünsche, sie bleiben stumm für deine Art von Wünschen, sie hören deine Kinderwünsche nicht. Je mehr die Wut versagt, je mehr du spürst, dass deine Wut nichts mehr für sich und dich nun tun kann und erreicht, je schmaler dürrer wird die Wut in deinem Herzen, je ausgehungerter du selbst nach deinen Wünschen wirst, je einsamer dein Wünschen wird, je mehr sich mit der Wut die Einsamkeit vergrößert, weil sie verjagen deine Wünsche mit der Wut und lassen dich allein, je mehr du für die Wünsche kämpfst und deine Wut ergreifst, je mehr wirst du allein gelassen. Du wirst allein gelassen, wenn du dir hilfst, wenn deine Wünsche wackeln und erzittern, wenn deine Körperglieder, Arme Beine, nur so schlagen, klopfen, wüten für die Wünsche. Wenn alles was sich wünscht, jetzt nur nach außen will, sich zeigen mit den Wünschen, dass einer dich erkennt, mit deinen Wünschen, dass einer dich erhört und sich verständlich zeigt, wenn einer nur versteht.

Das Kind hat Hunger!

Wer seinen Hunger nicht begreift, der hindert sich am Wünschen, der hungert seine Wünsche aus, wie immer schon geschehen, der hungert sich jetzt aus, wie einst die Eltern, der tut das gleiche immer wieder. Der tut sich Hunger an und weiß nichts von der Wut, die diesen Hunger einst bekämpfte. Wer seinen Hunger kennt, erfährt die Wut jetzt wieder, wie er für sich einst kämpfen musste. Der Preis des Überlebens, das war die Wut des kleinen Kindes, die dieses Kind mit allem was es fühlte, fühlen wollte, autonom, verleugnen und verstecken musste, das war der Preis, so lernte dieses Kind, dass sie sich um dich kümmern, wenn du die Wut versteckst und nicht mehr weinst für dich und deine Art Gefühle, wenn du die Wünsche die du hast, für dich, den Wünschen deiner Eltern opferst.

Was hier geopfert wird, sind deine Wünsche. Sie zwangen dich zu diesem Opfer, sie zwangen dich, dich selbst mit allem, was du dir so wünschst, für sie zu opfern. Das Kind muss sich den Eltern opfern, damit es überleben kann. Es muss Gefühle, Wünsche opfern, damit es NICHT begreift, dass es die Wut noch gibt, für sich und seine Wünsche. Es löscht die Wut für seine Eltern, damit es nicht alleine bleibt und ohne Hoffnung. Das Kind nimmt jetzt die Hoffnung an, nach einem besseren Leben, das ist der Traum der Eltern, denn morgen sieht die Welt ganz anders aus, nach all dem Regen. Sie prophezeien dir, dass alles besser wird, wenn du die eigene Wut besiegst.

Wirst sehen, wenn du das weinen aufhörst, wird alles besser. Wirst sehen, die Schmerzen vergehen wieder. Musst nicht gleich so wütend sein.

Du lernst, dass deine Schmerzen erst vergehen, wenn deine Wut versiegt.

Du legst jetzt deine Wunden ab. Das ist wie beichten. Du legst jetzt deine Wünsche ab. Du musst dich jetzt bekennen, dass deine Wünsche nicht die guten waren, dass ihre Wünsche besser sind. Du musst dich jetzt bekennen zu ihren Wünschen, dass ihre Wünsche besser sind. Du musst dich nun bekennen, dass deine Wünsche und Gefühle, nicht wirklich gut gewesen sind. Sie lehren dich jetzt abbitten. Sie lehren dich die Reue. Du sollst dich für die Wünsche reuen, du sollst jetzt auch die Wünsche, die du hattest, dir selbst bereuen, als eine Art Versehen deines Körpers, als wärest du der Falsche und der Fremde und der Fehlerhafte, als wären deine Wünsche falsch, schon immer falsch gewesen. Sie lehren dich die Abbitte, sie lehren dich, dass deine Art Gefühle, nicht passend für die Welt, nicht passend und gehörig sind. Wer solche Art Gefühle hat, der passt nicht her, der ist nicht zugehörig. Das ist es doch, was du dir wünschst, Verständnis, Zugehörigkeit. Sie fassen dich nicht an. Sie lassen dich in Ruhe. Du bist jetzt einer, der dazugehört. So haben sie dich aufgenommen, in ihre Welt des Scheins. Sie wussten immer alles besser, sie haben dich auch hier zum Besserwisser mit gemacht.

Sie wussten immer besser, was du bist und wie du fühlst und wie du sein sollst nur für sie. Sie wussten für dich immer besser, wie du dich fühlst, wie du dich fühlen sollst, wie du dich nur für sie so fühlen sollst. Du warst dann ihr Gefühl, ihr Traum und ihre Wünsche. Du warst das Wunderkind, das Ungeheuer.

Nur deine erste große Wut zeigt einen anderen, zeigt DEINE Rettung auf, wie du für deine Wünsche kämpftest, einst gegen alle Sorgen. Du wusstest gut mit deiner Wut, was gut ist für DEIN Leben und warst dir ohne jeden Zweifel nahe.